Das Ausstellen und die Weiterverarbeitung von Rechnungen in Papierform oder in unstrukturierten digitalen Formaten, wie dem PDF-Format, bremsen Unternehmen in ihrer Produktivität, erhöhen die Fehlerquote und verursachen außerdem einen hohen Personalaufwand und damit Kosten. Der Umstieg auf die E-Rechnung und automatisierte Rechnungsprozesse stellt daher eine große Chance dar und es lohnt sich, jetzt die Weichen dafür zu stellen. Allerdings dürfen einige wichtige rechtliche, technische und organisatorische Faktoren dabei nicht außer Acht gelassen werden.
1. Die rechtlichen Grundlagen
Die 2014 verabschiedete EU-Richtlinie 2014/55/EU soll die Nutzung der elektronischen Rechnungsstellung im öffentlichen und privaten Bereich fördern sowie die innerhalb der EU existierenden Standards harmonisieren, um Marktzutrittsschranken abzubauen. Die EU-Richtlinie ist für die Bundesebene mit dem E-Rechnungs-Gesetz und der E-Rechnungs-Verordnung umgesetzt. Während es seit dem 27. November 2020 auf Bundesebene für Unternehmen, die Aufträge für Stellen des Bundes durchführen, verpflichtend ist, Rechnungen nach bestimmten Formatvorgaben elektronisch einzureichen, setzen die einzelnen Bundesländer die E-Rechnung in eigener Kompetenz um. So kann es abweichende oder auch sehr unterschiedliche Anforderungen für Lieferanten an den elektronischen Rechnungsaustausch geben. Diese Anforderungen ergeben sich aus den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen der Bundesländer. Aktuelle Informationen zum Stand der E-Rechnung auf Länderebene erhalten Sie hier.
2. Definition und Voraussetzungen der E-Rechnung
Bei der E-Rechnung handelt es sich um einen strukturierten Datensatz, der in einem elektronischen Format erstellt, übermittelt und empfangen wird. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass die automatische Weiterverarbeitung des Datensatzes möglich ist. Die E-Rechnung muss die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit gewährleisten. Echtheit der Herkunft meint die Sicherstellung der Identität des Rechnungsstellers; die Unversehrtheit der Herkunft umfasst den Nachweis, dass die erforderlichen Rechnungsangaben nicht geändert wurden; die Lesbarkeit ist dann gegeben, wenn die Rechnung für das menschliche Auge erfassbar ist. Da dies bei strukturierten elektronischen Nachrichtenformaten nicht der Fall ist, müssen die Dokumente hierfür konvertiert werden. Eine zentrale Rolle spielt auch die Archivierung: Für steuerlich relevante Rechnungen gilt eine Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren. In diesem Zeitraum müssen die Dokumente so gesichert sein, dass keine nachträglichen Änderungen vorgenommen werden können oder diese jederzeit nachzuvollziehen sind. Hier bilden auch Systemwechsel, die mit Umfirmierungen oder dergleichen einhergehen, keine Ausnahme.
3. Formate und Normen
Vom technischen Standpunkt aus betrachtet, handelt es sich bei der E-Rechnung um einen Datensatz in einer standardisierten Struktur. In Deutschland wurde hierfür die XRechnung entwickelt. Sie ist XML-basiert, wurde von der Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) entwickelt und gilt mittlerweile für alle Behörden und öffentlichen Auftraggeber als verpflichtend. Die XRechnung ist allerdings nicht der einzige E-Rechnungsstandard. Formate wie ZUGFeRD oder EDI-Rechnungen werden insbesondere für die digitale Rechnungsabwicklung zwischen Unternehmen im B2G- und B2B-Bereich genutzt. ZUGFeRD und XRechnung sind zwar inhaltlich identisch, unterscheiden sich jedoch in Dateiformat und -endung: Bei ZUGFeRD handelt es sich um ein hybrides Format (PDF/A-3), welches aus einem für das menschliche Auge lesbaren PDF-Teil besteht, in den ein maschinenlesbarer XML-Teil eingebettet ist (zugferd-invoice.xml). Die ZUGFeRD-Dateien haben die Endung .pdf, während XRechnungen als reine XML-Dateien die Endung .xml tragen.
Prinzipiell besteht die Herausforderung bei den unterschiedlichen elektronischen Rechnungsformaten darin, dass die Rechnungsdaten auf Sender- und Empfängerseite identisch interpretiert werden. Voraussetzung dafür sind strukturierte Daten. Zu den strukturierten Datenformaten zählt auch EDI (Electronic Data Interchange) ein. EDI, sprich der elektronische Datenaustausch, ersetzt Papierdokumente durch elektronische, welche in einem Standardformat übermittelt werden, sodass die Daten für beide Parteien lesbar ist. Beim Versand der elektronischen Rechnung wird diese auf Senderseite in einem maschinell verwertbaren Format erzeugt (z. B. EDIFACT oder XML) und im Anschluss direkt an das IT-System des Empfängers übermittelt, wo es sofort für die weitere Bearbeitung verfügbar ist. Damit ermöglicht EDI Unternehmen, unterschiedliche Dokumente und geschäftliche Daten, wie Bestellungen, Lieferscheine oder Rechnungen, aus dem eigenen Warenwirtschafts- bzw. ERP-System in strukturierte und standardisierte Daten zu konvertieren und ohne Umwege elektronisch auszutauschen.
4. Die prozesstechnischen Fragen
Eine elektronische Rechnung kann manuell erstellt oder aus externen Systemen, wie beispielsweise einem ERP-System, erzeugt werden. Mit den beiden zentralen Rechnungseingangsplattformen (ZRE und OZG-RE) stellen Bund und Länder einheitliche elektronische Eingangswege zur Übermittlung der Dokumente bereit. Die Übertragung an diese Plattformen kann via E-Mail, Web-Formular-Upload oder als Webservice über PEPPOL erfolgen. PEPPOL (Pan-European Procurement OnLine) ist ein kostenpflichtiges Netzwerk zur Übermittlung elektronischer Dokumente, welches einen vollständig automatisierten elektronischen Datenaustausch ermöglicht und vor allem für jene Unternehmen hilfreich ist, die hohe Datenvolumen übermitteln.
Bevor entweder die zentrale Plattform des Bundes (ZRE) oder die der Länder (OZG-RE) zur Rechnungsübermittlung an Auftraggeber der öffentlichen Hand herangezogen werden können, ist eine einmalige Registrierung obligatorisch. Hierfür benötigt der Rechnungssteller eine Leitweg-ID, die der einmaligen Identifikation des Rechnungsempfängers dient. Diese Leitweg-ID wird von den Bundes- und Landesbehörden vergeben und besteht aus maximal 46 Stellen, bestehend aus Grob- und Feinadressierung sowie Prüfziffer. Die OZG-RE verlangt außerdem die Umsatzsteuer-ID.
Neben den umsatzsteuerrechtlichen Pflichtangaben müssen elektronische Rechnungen weitere Mindestangaben enthalten. Hierzu zählen die Leitweg-ID, Lieferanten- und Bestellnummer, Bankverbindungsdaten, Zahlungsbedingungen sowie die E-Mail-Adresse des Rechnungsstellers.
5. Organisatorische und strukturelle Fragen
Entgegen der weit verbreiteten Annahme handelt es sich bei der Einführung der E-Rechnung keinesfalls um ein reines IT-Projekt. Sicherlich greifen bei der Umstellung die klassischen Projektschritte, wie die Analyse der IST-Prozesse, die Identifizierung von Optimierungspotenzialen, die Ableitung von SOLL-Prozessen und die Anbieterauswahl. Allerdings ist ein erfolgreicher Wechsel ohne das Zutun der Mitarbeiter und die richtige Einstellung kaum möglich. Schlussendlich sind es auch die unterschiedlichen Teams, die das neue Verfahren anwenden. Daher sollten Unternehmen nicht nur sicherstellen, dass sie ihre Handelspartner an Bord holen, sondern auch die eigene Belegschaft auf die anstehenden Änderungen vorbereiten und sie dabei unterstützen. Sie sind es seit Jahren gewohnt, nach bestimmten Prozessen zu verfahren. Steht eine plötzliche Änderung der Arbeitsmethodik an, müssen die Verantwortlichen mit Rückschlägen und Ablehnung rechnen. Um die Akzeptanz für den Wechsel zu fördern, sollte allen Beteiligten klar sein, warum die Veränderung stattfinden muss. Am besten gelingt dies, wenn jedem Einzelnen der Mehrwert und eigene Nutzen nähergebracht werden kann. Schlussendlich bedarf es einer sorgfältigen Planung, um den Übergang zur elektronischen Rechnungsstellung so reibungslos wie möglich zu gestalten. Lösungsanbieter wie Quadient unterstützen beim Know-how-Aufbau sowie bei der Strategieentwicklung und erarbeiten gemeinsam mit Unternehmen eine individuelle Roadmap für den Umstieg.
Das aktuelle Webinar XRechnung vs. ZUGFeRD vs. EDI – E-Rechnungsformate im Vergleich bietet einen Überblick über die aktuellen Standards, zeigt die Unterschiede auf und diskutiert die wichtigsten Herausforderungen bei der Einführung elektronischer Rechnungen.
