Diesen Artikel verfasste Mina Smolej, Marketing Specialist EMEA bei Quadient AG. Er erschien ursprünglich am 11. Dezember 2017 in der Fachzeitschrift gi GELDINSTITUTE.
Man könnte fast meinen, sie treiben die Finanzdienstleister mit der Forderung nach einer besseren Customer Experience (CX) vor sich her. Dank neuer Technologien und gestiegener Erwartungen der Kunden wird sich das Tempo noch verschärfen – das birgt große Herausforderungen, aber auch Chancen.
„Immer mehr Zweigstellen machen dicht“, titelte Der Spiegel im Oktober in seiner Online-Ausgabe. Immer mehr Bankfilialen schließen ihre Pforten. Seit der Jahrtausendwende wurde etwa jede vierte Filiale geschlossen, alleine 2016 waren es nach Daten der Bundesbank etwa 2000 – die Hälfte davon Sparkassen. Seit Jahren sind die Ansichten über das stationäre Bankwesen gespalten. Die einen halten Filialen für veraltet und ineffizient, während sich die anderen verzweifelt an dieser vermeintlichen Festung im Kundenkontakt festklammern. Ausschlaggebend für das Filialsterben ist laut Untersuchung der staatlichen Förderbank KfW die Digitalisierung: Ständige Erreichbarkeit, Echtzeitberatung, Mobilfähigkeit oder individuelle Angebote werden von mehr und mehr Bankkunden eingefordert, sowohl im Privat- als auch Firmenkundenbereich. Der Anpassungsdruck ist groß, und das Tempo wird sich weiter erhöhen. Banken können natürlich nicht so flexibel an allen Touchpoints kommunizieren wie etwa Handelsunternehmen. Das Gebot der Diskretion und gesetzliche Regelungen führen dazu, dass sie in ihrer Flexibilität eingeschränkt sind. Das darf aber keine Ausrede dafür sein, das Thema beherzt anzugehen. Ziel muss es sein, den Kunden über den von ihm gewünschten Kanal zu erreichen und so die Hürde zu nehmen, mit der Bank in Kontakt zu treten – denn auch Online-Kunden wollen beraten werden und suchen den persönlichen Kontakt.
Nachholbedarf besteht vor allem bei integrierten IT-Lösungen, die eine Omnichannel-Experience ohne Medienbrüche ermöglichen. Angekurbelt wird die Entwicklung von der steigenden Zahl mobiler Endgeräte, die mittlerweile immer häufiger zum Abfragen des Kontostands oder für Überweisungen genutzt werden. Zwar bieten mittlerweile fast alle Banken eine entsprechende Smartphone-App, oft fehlt jedoch die intelligente Integration solcher Anwendungen mit anderen Angeboten. Die Kunden von heute wollen sich nicht zwischen PC oder Smartphone entscheiden, sondern ihre Bankgeschäfte nahtlos über verschiedene Kanäle hinweg abwickeln – immer und überall. Ein weiterer Schritt zum besseren Kundenerlebnis ist es, Daten zu nutzen, um faktenbasiert neue Angebote zu kreieren, künftig auch auf Grundlage von Predictive Analytics. Banken verfügen über eine große Fülle an Informationen über ihre Kunden – und brauchen sich damit nicht vor anderen Branchen verstecken. Mit Hilfe von Anwendungen zur Erfassung, Analyse und Aufbereitung solcher Daten wären sie in der Lage, auf jeden einzelnen Kunden zugeschnittene Produkte zu entwickeln – etwa eine ganzheitliche Betrachtung der persönlichen Finanzsituation, intelligent verknüpft mit passenden Empfehlungen.
Dieses enorme Potenzial nutzen viele Geldhäuser noch kaum. Die Qualität der Kundenbeziehungen hängt in erster Linie davon ab, wie diese den Kontakt mit dem Unternehmen erleben. Im Zeitalter der Digitalisierung ist die neue Kundenerlebnislandschaft noch relativ unerforscht, bildet jedoch ein entscheidendes Element im Wettbewerb – die Art und Weise, wie die Kommunikation erfolgt, entscheidet darüber ob die Kunden erfreut oder enttäuscht werden.